GPA-djp nimmt sich des Präzendenzfalls im großen Stil an

Ich komme gerade aus einer Besprechung in der GPA-djp. Anlass waren die Vorgänge rund um den BetriebsratsBlog der TSG, der so plötzlich und kurz nach dem “going public” wieder auf “standby” schalten musste.

Es zeigt sich, dass ich mit meinen Unkenrufen – BR-Blog sofort nach Start abgeschossen?!? – leider nicht so falsch gelegen bin. (Auch in D wurde der Fall schon wahrgenommen.) Es zeigt sich aber auch, dass übertriebener Pessimismus wohl nicht notwendig oder angebracht ist.
Da hat sich jemand massiv verschätzt, daneben gegriffen und wird sich maximal zum Gespött machen, jedenfalls aber ziemlich zurück rudern müssen. Genauer gesagt, ja, es gibt juristisch relevante Anschuldigungen. Diese stellten sich nach rechtlicher Prüfung durch die Experten der Gewerkschaft als … unhaltbar heraus (um sie nicht absurd zu nennen).

Aber der Reihe nach

Eine Betreuende Sekretärin ist wütend
Zu dem Gesprächstermin wurde ich von der zuständigen Regionalsekretärin der GPA-djp für den Betrieb der TSG EDV eingeladen. Sie wollte sich ein Bild von den Entwicklungen rund um unsere BR-Blogoffensive, von Blogs, Web2.0 usw. machen und von rechtlichen Problem- und früheren Präzedenzfällen in diesem Bereich unterrichten lassen.

Nun kann die Kollegin mir ja vieles gar nicht im Detail sagen. Verschwiegenheitspflicht und eine Geschichte, die gerade am Laufen ist. Aber so viel ist klar, die Kollegin ist sauer. Und ich denke mir, dass sie das wahrscheinlich sehr begründet ist.
Habe sie als souveräne und erfahrene Gewerkschaftlerin kennen gelernt, die sicher schon einiges erlebt und manches ausgefochten hat. Aber so etwas dürfte ihr auch noch nicht so oft untergekommen sein.

Der Eindruck erhärtet sich, dass hier versucht wird, einen Menschen fertig zu machen, weil er freigestellter BR ist und dem Treiben der Unternehmensführung im Weg. Jedes Mittel ist recht, es wird schon was hängen bleiben.

Gespräche werden noch abgewartet
Über die konkreten Vorwürfe, die sich der BR eingehandelt hat, konnte ich noch nichts erfahren. Außer wie gesagt, dass sie juristisch jenseitig sind und abgesehen von der rechtlichen Beurteilungsebene schlicht absurd!
Auf diese konkreten Vorwürfe und Umstände dürfen wir jedoch gespannt sein, wenn die Gespräche diese und vl. noch nächste Woche zwischen Unternehmensleitung einerseits und BR, ZBR sowie GPA-djp andererseits keine gütliche Klärung bringen. Bis dahin wird abgewartet. Den Verhandlungen soll nicht vorgegriffen werden.

Gleichzeitig bereitet sich die GPA-djp vor. Die Diskussionen dieser Tag – und mein Gespräch – sollen zu klären helfen:
inwieweit gibt es für die Gewerkschaft nicht nur einen “Fall TSG EDV” sondern einen Präzendenfall für alle bestehenden und zukünftigen BR-Blogs und BR-Homepages.

Die GPA-djp bereitet sich vor
Das ist, was mich persönlich besonders freut. In der Gewerkschaft ist man sich der weitreichenden Folgen und Implikationen des Falls zunehmend bewusst; in Hinblick auf jedes andere Blog (BR oder nicht BR), auf BR-Blogs im Speziellen und die Rechte der Arbeitnehmerseite im Allgemeinen.

Nun kann es sogar sein, dass der Gewerkschaft der “Fall TSG EDV“mit all seinen Ingredienzien ganz recht ist. Die Verantwortlichen scheinen den Eindruck zu haben, dass hier ein exemplarischer Versuch einer Unternehmensleitung vorliegt, einen Betriebsrats- und MitarbeiterInnenBlog von Vornherein zum Verstummen zu bringen. Solche Fälle werden bei der steigenden Zahl von BR-Blogs noch folgen, also warum nicht gleich dem Druck der Arbeitgeberseite Einhalt gebieten und klarstellen:

die Drohung mit dem möglichen Verrat von Betriebsinterna kann nicht bedeuten, dass Unternehmen eine willkürliche Zensur aufziehen können, die schlimmer als im Biedermeier jegliche Meinungsäußerung unter den Verdacht der strafbaren Handlung stellt.

Die Gewerkschaft bereitet sich also auf die Option vor, – wenn sich der Fall TSG EDV nicht doch plötzlich in Wohlgefallen auflöst?, – dieses Problem öffentlich zu thematisieren und den aktuellen Fall zur Bewusstseinsbildung zu verwenden.

0 Gedanken zu „GPA-djp nimmt sich des Präzendenzfalls im großen Stil an

  1. BR-Tchibo

    Schön zu hören, dass die GPA-djp unseren Kollegen in diesem Fall massiv unterstützt, und damit allen anderen bloggenden Betriebsräten die Möglichkeit gibt, ihrer Informationspflicht auch im Internet nachzukommen. Nicht denkbar, wenn die Unternehmen bei jedem zweiten Wort den schwarzen Stift auspacken , und einfach durchstreichen, was ihnen nicht passt. Am liebsten wäre es manchen Arbeitgebern, sie könnten direkt auf die PR-Seite verlinken, und dort alles schön rosarot einfärben.
    Dabei war doch der TSG-Blog nicht einmal so kritisch.
    Hoffentlich geht es für die betroffenen BR gut aus.
    Wir wünschen Euch viel Erfolg.

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  2. tajimara

    Hoffe auch, dass der BetriebsratsBlog der TSG bald wieder in Betrieb gehen kann. Ich hab die Kollegen der TSG EDV beim GPA-djp Weblog Seminar als sehr besonnene Menschen kennen gelernt, die verantwortungsvoll mit Infos umgehen. Umso wichtiger, dass ihnen nicht der Mund verboten wird!

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  3. haftgrund

    finde ich auch sehr gut und wichtig, dass sich die GPA-djp hier massiv einsetzt für das Recht auch von “ArbeitnehmerInnen” auf freie Meinungsäußerung. Wird hoffentlich gewisse Rechtssicherheit auch für die anderen BloggerInnen aus dem Bauch der Leviathane bringen.
    Und dir ganz besonderen Dank, denn ich gehe wohl nicht fehl in der Annahme, dass ohne dem Einsatz von dir und anderen MitstreiterInnen die Gewerkschaft länger brauchen würde, ehe sie dieses neue Kampffeld wahrnimmt!
    Mit den besten Grüßen
    haftgrund

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  4. Werner

    auch ich habe schon meine Erfahrungen mit einem Firmenblog gemacht. Was mich verwundert hat war vor allem über welch harmlose Themen man sich mokiert hat.
    Ich denke bei Firmenblogs wären vor allem die psychologischen Aspekte zu berücksichtigen.
    Die potentielle Möglichkeit des Verlustes der Informationshoheit der Firmenleitung wäre z.B. ein wichtiges Thema.
    Der Weblog BR ist wahrscheinlich in einer ähnlichen
    Abhängigkeitsverhältnis wie eine Zeitungsredaktion vom Herausgeber. Es muss eine klare “Blattlinie” und klare Regeln geben. Trotzdem muss man sich bewusst sein, dass es teilweise unterschiedliche Auffassungen geben wird aber auch geben kann.

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  5. Brunner Gerd

    Für die Gewerkschaft ins Stammbuch:
    Wir scheitern nicht an den Niederlagen, sondern an den Auseinandersetzungen die wir
    nicht wagen!

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  6. Pingback: Dürfen ChefInnen die einzelnen MitarbeiterInnen bei der privaten Nutzung des Firmen-PC ausspionieren? « GPA-DJP Bildungsabteilung

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